Kommunen in Sachsen-Anhalt benötigen eine bessere Finanzausstattung durch das Land – Landkreise müssen höhere Kostenerstattungen beim Land mit allen Mittel einfordern
Die Städte und Gemeinden in Sachsen-Anhalt hatten im vergangenen Jahr 2022 trotz höhere Steuereinnahmen mit einem Defizit abgeschlossen. Dies lässt sich aus den Daten zur Kassenstatistik entnehmen, wobei dieses Defizit deutlich vom Bundestrend abweicht.
Da Strom und Gas erheblich teurer geworden sind und die Gemeinden viele Gebäude unterhalten, bekommen diese die Preissteigerungen besonders deutlich zu spüren. So wird die finanzielle Notlage in den nächsten Jahren weiter anhalten oder sich sogar verschärfen.
Soweit Gemeinden finanzielle Hilfe vom Land in Form von zinslosen Darlehen erhalten, finanzieren sie damit laufende Ausgaben, nicht etwa Investitionen in Schulen, Kitas oder der Feuerwehr. Manche der katastrophalen Vor-Ort-Missstände lassen sich wohl auch als gruselig beschreiben und würden gut in eine Geschichte von Stephen King passen.
Die durchschnittliche Pro-Kopf-Verschuldung der Kommunen ist zum 31. März 2023 in Sachsen-Anhalt auf 1.371 Euro gestiegen. Auch wenn diese im bundesweiten Vergleich als eher unterdurchschnittlich anzusehen ist, so ist sie im ostdeutschen Vergleich überdurchschnittlich hoch (im Vergleich Brandenburg (491 Euro/Einw.) und Sachsen (533 Euro/Einw.). Es ist deshalb notwendig, dass Gemeinden und Landkreise in Sachsen-Anhalt ab dem kommenden Jahr 2024 deutlich mehr Geld vom Land erhalten, als dies für einen angemessenen Inflationsausgleich bereits vorgesehen ist. Erhöhte Belastungen durch die Kreisumlage schmälern die mangelnde Finanzausstattung der Gemeinden zusätzlich.
Das Verwaltungsgericht Halle hat auf Klagen der Lutherstadt Eisleben sowie von Sangerhausen, Hettstedt und Wallhausen in einem Urteil vom 28. Juni entschieden, dass der Landkreis Mansfeld-Südharz die Umlagesätze
rechtswidrig zu Lasten der kreisangehörigen Gemeinden zu hoch angesetzt hatte. Ferner hatte der Landkreis bei der Festsetzung der Kreisumlagen für 2018 und 2020 nicht angemessen berücksichtigt, dass bei einer Vielzahl der kreisangehörigen Gemeinden seit vielen Jahren in deren Haushalten Fehlbeträge bestünden und damit mit der festgesetzten Kreisumlage ein nicht zu rechtfertigender Eingriff in deren finanzielles Selbstverwaltungsrecht nach Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz verbunden sei.
Für das Haushaltsjahr 2020 sind beim Verwaltungsgericht in Halle noch weitere 13 Klagen anderer Gemeinden gegen die Kreisumlage des Landkreises Mansfeld-Südharz anhängig, über die demnächst
ausschließlich
im schriftlichen Verfahren entschieden werden.
Auch wenn gegen das Urteil seitens des Landkreises eine Revision angestrebt wird, verweist das Gericht hierzu auf die geltende Rechtslage, dass ein Landkreis fehlende Einnahmen sich
nicht vorrangig bei den kreisangehörigen Städten und Gemeinden beschaffen kann und darf.
Den Landkreisen in Sachsen-Anhalt fehlen lt. einer aktuellen Haushaltsumfrage des Landkreistages ca. 185 Millionen Euro zum Ausgleich ihrer Haushalte. Auffällig sind hierbei höhere Kosten im sogenannten ‚übertragenen Wirkungskreis‘, wie für Heizung und Unterkunft beim neu eingeführten Bürgergeld, für Hilfen zur Erziehung oder für die Unterbringung und Betreuung ukrainischer Kriegsflüchtlinge. Alles Kosten, die durch das Land und durch den Bund in auskömmlicher Höhe gegenüber den Landkreisen zu erstatten wären aber nicht werden. Da die Erhebung einer Kreisumlage von den kreisangehörigen Gemeinden nur zulässig ist, soweit die sonstigen Erträge und Einzahlungen nicht ausreichen, um einen erforderlichen Bedarf zu decken, müssen die Landkreise ihre fehlenden Mittel zur Erfüllung von übertragenen Aufgaben
zuallererst vom Land einfordern. Landkreise müssen Ansprüche auf eine angemessene Finanzausstattung mit Nachdruck an das Land richten – auch in Fällen, wo Einnahmen oder Ausgabeverpflichtungen durch den Bund verändert wurden.
Die FBM sieht hierbei eine Pflicht des Landrates, einen gegen das Land gerichteten Anspruch auf eine aufgabenadäquate Finanzausstattung gem. Art. 88 Absatz 1 unserer Landesverfassung glaubwürdig und nachvollziehbar geltend zu machen.
Anstatt sich an die Spitze derer zu stellen, die für die Kommunen auf eine bessere Finanzausstattung durch das Land dringen, möchte Landrat Schröder neue Klagen gegen die Kreisumlage verhindern. Dies wird mit dem Ziel verbunden, sich für einen kommunalen Finanzfrieden einzusetzen, was jedoch eine Zufriedenheit bei der Finanzausstattung der Städte und Gemeinden voraussetzen würde.
Wenn zu wenig Geld im kommunalen Finanztopf für Sachsen-Anhalt vorhanden ist, kann ein Interessenausgleich nur durch erhöhte Einnahmen erzielt werden. Es nutzt für eine angemessene kommunale Finanzausstattung herzlich wenig, wenn sich der Landkreis und die kreisangehörigen Städte und Gemeinden darauf verständigen, sich lieb zu haben und auf notwendige Klagen zu verzichten. Hier
muss
ein Landrat Stärke zeigen und die dem Landkreis angehörenden Kommunen ‚nach oben‘ verteidigen.
Es bleibt übrigens abzuwarten, ob der Landkreis seinerseits gewillt ist, auf eine Revision zum Kreisumlage-Urteil des Verwaltungsgerichtes Halle zu verzichten. Herr Schröder hat bereits angekündigt, zum Schutz der finanziellen Interessen des Landkreises fristwahrend die Zulassung der Berufung zu beantragen, denn beim Geld endet bekanntlich auch so manche Freundschaft.
Die FBM weist darauf hin, dass die Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt ein Recht der eigenverantwortlichen Verwaltung der Angelegenheiten der Gemeinden gewährt (Art. 87 Abs. 1 Verf. LSA) und ein Recht zur grundsätzlich selbständigen Wahrnehmung aller öffentlichen Aufgaben "im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit" (Art. 87 Abs. 2 Verf. LSA). Dies setzt die Gewährung einer Finanz- und Haushaltshoheit der Gemeinden voraus, weshalb gemäß Artikel 88 Abs. 1 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt das Land dafür zu sorgen hat, dass die Kommunen über Finanzmittel verfügen, die zur angemessenen Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind. Es reicht nicht aus, dass der Geldmangel zwischen den Städten, Gemeinden und Landkreisen seitens des Landes nur etwas „fairer“ aufgeteilt wird. Auch ein horizontaler Finanzausgleich mit einer zu kleinen Finanzausgleichsmasse bleibt ein Verschiebebahnhof der kommunalen Finanznot.
Es müssen mehr Gelder für die Finanzausgleichsmasse der Kommunen zur Verfügung gestellt werden. Die letzte gutachterliche Untersuchung des kommunalen Finanzausgleichs zur Ermittlung einer notwendigen Finanzausgleichsmasse in Sachsen-Anhalt stammt aus dem Jahr 2012. Seitdem haben sich viele Rahmenbedingungen, Aufgaben und Kosten wesentlich verändert, leider zum Nachteil der Kommunen.
Da in Sachsen-Anhalt eine gutachterliche Überprüfung des notwendigen Finanzbedarfs der Kommunen für das neue Finanzausgleichgesetz ab 2024
nicht vorgenommen wurde, bleibt die Finanznot der Städte und Gemeinden gerade auch im Mansfelder Land bestehen, die es zu beklagen gilt. Daran wird sich leider nichts ändern, wenn der Landtag im Herbst ein neues Finanzausgleichsgesetz beschließt.
Die FBM fordert, dass in Sachsen-Anhalt rechtlich anerkannt wird, dass zur kommunalen Selbstverwaltung auch freiwillige Aufgaben gehören und dass sich die Finanzausstattung der Gemeinden an einem realistisch ermittelten kommunalen Finanzbedarf zu orientieren hat!
Ein kommunaler Finanzfrieden kann deshalb weder ausgerufen noch stillschweigend vereinbart werden, solange die strukturelle Unterfinanzierung nicht beseitigt ist.
Auch in einer „kommunalen Familie“ müssen Missstände offen angesprochen werden, dass es dabei nicht ohne Streit abgeht, liegt in der Natur der Sache.